Pflicht zur Arbeitszeiterfassung und Verjährung von Urlaubsansprüchen

Mit dem neuen Jahr treten diverse arbeitsrechtliche Änderungen in Kraft. Wir geben einen Überblick über die acht wichtigsten Anpassungen und Neuerungen.

1. Arbeitszeiterfassung: Muss mein Arbeitgeber meine Arbeitszeit erfassen?

Mit Urteil vom 13.09.2022 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass Unternehmen gesetzlich verplichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer·innen zu erfassen. Die Kernaussage des BAG ist: Alle Arbeitgeber·innen müssen die Dauer der Arbeitszeit, die Pausenzeiten sowie die Überstunden aller Arbeitnehmer·innen erfassen. Genaue Vorgaben dazu, wie die Zeiterfassung umgesetzt werden soll, wurden bisher noch nicht getroffen.

Weil eine konkrete gesetzliche Regelung bislang fehlt, steht den Arbeitgebern aktuell ein Gestaltungsspielraum bei der Zeiterfassung zu. So können sie beispielsweise selbst entscheiden, ob diese elektronisch oder manuell erfolgen soll. Ein Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystem besteht nicht, ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung des Systems jedoch schon.

🚩 Persönliches To-Do? Keines!

2. Langzeiterkrankt: Verfallen meine Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit?

Bisher galt: Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit verfällt der Urlaubsanspruch 15 Monate nach dem Jahr, in dem eine Person erkrankt ist.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Regelung im Grundsatz bestätigt, aber erklärt, dass Unternehmen eine sogenannte Mitwirkungs- und Hinweispflicht haben. Wenn die Arbeitnehmer·innen im Urlaubsjahr gearbeitet haben, bevor sie krankheitsbedingt arbeitsunfähig oder voll erwerbsgemindert geworden sind, verfällt der Urlaub nur dann, wenn der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin der Hinweispflicht rechtzeitig nachgekommen ist. Arbeitgeber müssen Arbeitnehmenden also vor Ausfall ermöglichen, den Urlaub auch tatsächlich nehmen zu können.

🚩 Persönliches To-Do? Keines!

3. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Brauche ich den gelben Zettel, wenn ich krank bin?

Arbeitnehmende sind weiterhin verpflichtet, die Arbeitgeber·innen über ihre krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu informieren. Die Pflicht zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entfällt jedoch. Die gelben Zettel gehören damit der Vergangenheit an.

Ab Januar 2023 werden die gesetzlichen Krankenkassen stattdessen durch die Ärzte elektronisch über die Arbeitsunfähigkeitszeiten informiert. Die Krankenkassen stellen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen elektronisch bereit, sodass die Arbeitgeber·innen diese Daten nach entsprechender Mitteilung durch die Arbeitnehmer·innen, abrufen können. Es gibt allerdings eine Übergangsfrist für Arzt-Praxen, die über die entsprechende Technik noch nicht verfügen.

🚩 Persönliches To-Do? Wie schon davor besteht die Pflicht weiter, den Arbeitgeber unverzüglich über eine Krankheit zu informieren. In manchen Arztpraxen, die noch nicht digital umgestellt haben, können nach wie vor die gelben Zettel ausgegeben werden, denn es besteht eine Übergangszeit.

4. Freiwillige Inflationsausgleichsprämie: Habe ich einen Anspruch auf 3.000 Euro?

Unternehmen können ihren Mitarbeiter·innen im Zeitraum zwischen dem 26. Oktober 2022 und dem 31. Dezember 2024 eine sogenannte Inflationsausgleichsprämie von maximal 3.000 Euro steuer- und sozialabgabenfrei auszahlen. Wichtig: Die Inflationsausgleichsprämie ist eine freiwillige Leistung der Unternehmen, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die Zahlung muss über die Vergütungspflicht hinaus gehen. Es dürfen also nicht etwa Bonus- oder Weihnachtsgeldzahlungen einbehalten und stattdessen eine Inflationsausgleichsprämie gezahlt werden.

🚩 Persönliches To-Do? Keines, denn die Unternehmen veranlassen diese Zahlung.

5. Was passiert mit meinem Urlaubsanspruch, wenn ich in Quarantäne muss?

Grundsätzlich gilt: Wer im Urlaub erkrankt, dem werden die Tage, an denen Urlaub und Krankheit zusammenfallen, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Gilt das auch, wenn Arbeitnehmer·innen während der Urlaubszeit nicht erkrankten, sich aber in einer angeordneten Quarantäne befanden? Generell scheint das BAG an seiner bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, die eine nicht durch Krankheit hervorgerufene Beeinträchtigungen der Urlaubszeit ablehnt. Das würde für mögliche Fälle bis zum 16.09.2022 bedeuten, dass der Urlaubsanspruch mit einer Quarantäne untergeht.

Für Fälle seit dem 17.9.2022 steht fest, dass Quarantäne-Tage nicht vom Urlaub abgezogen werden.

🚩 Persönliches To-Do? Im Falle einer Quarantäne muss diese beim Arbeitgeber gemeldet werden, damit die Urlaubstage nicht verfallen.

6. Nachweisgesetz: Welche Informationen gehören in meinen Arbeitsvertrag?

Das neue Nachweisgesetz vom 1. August 2022 erweitert und ergänzt den Katalog der nachzuweisenden Vertragsbedingungen. Ziel des Gesetzes ist, dass Arbeitnehmer·innen über alle wesentlichen Inhalte des Arbeitsverhältnisses eine schriftliche Information erhalten. Unter anderen kommen nun folgende Punkte hinzu:

  • Enddatum oder Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses
  • Dauer der Probezeit
  • Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts inklusive der Überstundenvergütung

Auch neu sind Informationspflichten zum Kündigungsschutzverfahren. Sie umfassen neben dem einzuhaltenden Verfahren zudem:

  • Kündigungsfristen
  • Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage
  • Hinweis auf das Schriftformerfordernis

Neu ist auch, dass für die Erbringung der einzelnen Nachweisinhalte unterschiedliche Fristen festgehalten sind und Verstöße gegen das Gesetz mit einem Bußgeld geahndet werden können.

🚩 Persönliches To-Do? Verträge gegenlesen und gegebenfalls Änderungen verlangen.

7. Hinweisgeberschutzgesetz: Wie werden Whistleblower geschützt?

Am 16. Dezember 2022 hat der Bundestag das Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet. Sobald der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt hat, wird dieses vermutlich im Frühjahr 2023 in Kraft treten. Grundlage für die Regelung ist die EU-Whistleblowerrichtlinie, also der Schutz derjenigen Personen, die Missstände im eigenen Unternehmen wahrnehmen und melden können. Ziel des Hinweisgeberschutzgesetzes ist es, Meldungen in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter·innen anonym zu ermöglichen, ohne dass Hinweisgeber·innen mit Nachteilen rechnen müssen. Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiter·innen sind von dem Hinweisgeberschutzgesetz nicht betroffen.

Zur Erfüllung des Gesetzeszweckes wird es eine Beweislastumkehr geben. Das bedeutet, dass Arbeitgeber·innen bei nachteiligen Maßnahmen gegenüber Hinweisgebern beweisen müssen, dass diese nicht wegen dem gegebenen Hinweis ergriffen wurden, sondern einen anderen Grund haben.

🚩 Persönliches To-Do? Keines, Arbeitgeber·innen sind hier in der Pflicht.

8. Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz: Was müssen Unternehmen über ihre Zulieferer wissen?

Zum Jahresbeginn ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft getreten. Dieses verpflichtet in Deutschland ansässige Unternehmen, alle unmittelbaren Zulieferer auf die Einhaltung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten zu überprüfen und zu dokumentieren. Bei Verstößen drohen Sanktionen und Bußgelder. Das Gesetz gilt zunächst für große Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten. Ab dem 1. Januar 2024 sind Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten betroffen.

🚩 Persönliches To-Do? Keines, es gehört zu den Aufgaben des Unternehmens für die Erfassung entsprechende Systeme einzurichten.

ACHTUNG

Warnung vor betrügerischen E-Mails