ZDF Volle Kanne Talk mit Jens Niehl vom 09. Januar 2023
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

ZDF Volle Kanne Talk mit Jens Niehl vom 09. Januar 2023
ZDF Volle Kanne Talk mit Jens Niehl vom 08. Dezember 2022
ZDF Volle Kanne Talk mit Jens Niehl vom 14. Oktober 2022
Zwei ungeimpfte Pfleger wurden von der Arbeit im Seniorenheim freigestellt und klagten dagegen. Nun hat das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 11.08.2022 – 5 SaGa 728/22) bestätigt, dass die Freistellung rechtmäßig war. Danach müssen Seniorenheime ihr Pflegepersonal, das nicht gegen Corona geimpft ist, nicht weiter beschäftigen.
Zum Hintergrund: Impfpflicht für Beschäftigte im Pflege- und Gesundheitsbereich
Seit dem 15. März 2022 gilt im Pflege- und Gesundheitsbereich eine einrichtungsbezogene Impfpflicht nach § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG), wonach Beschäftigte über einen Impfnachweis gegen das SARS-CoV-2-Virus oder einen aktuellen Genesenennachweis verfügen müssen. Seitdem dürfen Pflegekräfte, die keinen entsprechenden Nachweis vorzeigen können, nicht mehr neu eingestellt werden.
Dieses unmittelbare Beschäftigungsverbot gilt jedoch nicht gleichermaßen für bereits zuvor beschäftigte Personen. Konnten diese bis zum 15. März 2022 keinen Impf- oder Genesenennachweis vorweisen, hatte die Einrichtungsleitung den Fall zunächst dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, welches dann ein Beschäftigungsverbot aussprechen konnte.
Heimleitung stellt ungeimpfte Pfleger frei
In diesem Fall hatte die Betriebsleiterin eines Seniorenheims zwei ungeimpfte Pfleger ohne behördliches Beschäftigungsverbot ab dem 16. März 2022 von der Arbeit freigestellt. Auch die Bezahlung stellte sie ein.
Das Seniorenheim stützte sich auf die Regelungen in § 20a IfSG. Hiergegen hatten die Pfleger im Eilverfahren vor dem Arbeitsgericht Gießen geklagt. Sie verlangten zunächst weiter beschäftigt zu werden. Das Gericht wies die Klagen mit Urteilen vom 12. April 2022 ab.
Hinweis: Das Arbeitsverhältnis bestand – soweit ersichtlich – formal weiter. Zu einer Kündigung kam es nicht.
Ungeimpfte Pfleger haben keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung
Auch in der nächsten Instanz hatten die Pfleger keinen Erfolg.
Das LAG bestätigte, dass die Freistellung gerechtfertigt sei und die Pfleger keinen Anspruch darauf hätten, weiter im Seniorenheim beschäftigt zu werden. Obwohl § 20a IfSG für bestehende Arbeitsverhältnisse kein unmittelbares Beschäftigungsverbot vorsehe, wirke der Impfnachweis wie eine berufliche Tätigkeitsvoraussetzung. Folglich habe die Heimleitung nach Abwägung der Interessen die beiden Arbeitnehmer freistellen dürfen: Für die Mitarbeiter spreche zwar das Interesse, arbeiten gehen zu dürfen. Der Arbeitgeber könne seine Mitarbeiter nicht einfach ausschließen. Allerdings überwiege das Interesse der besonders gefährdeten Bewohner des Seniorenheims, vor einer Infektion geschützt zu werden.
Mit dem Urteil sind beide Eilverfahren rechtskräftig beendet. Die Hauptverfahren wurden noch nicht entschieden.
Ausblick: Lohnfortzahlung während der Freistellung?
Die für beide Parteien interessante Frage, ob das Arbeitsentgelt für die Dauer der Freistellung fortzuzahlen ist, war hier nicht zu entscheiden. Da das Gericht die Impfung als eine berufliche Tätigkeitsvoraussetzung versteht, könnte zumindest bei impfunwilligen Mitarbeitern angenommen werden, dass sie ihre Arbeitsleistung nicht wie geschuldet erbringen. Dann würde ihr Anspruch auf Bezahlung bei einer Freistellung nicht fortbestehen.
Eine abschließende Bewertung der Entscheidung ist erst möglich, wenn die Begründung veröffentlicht und das Verfahren in der Hauptsache abgeschlossen ist.
Zum 1. August 2022 tritt das neue Nachweisgesetz in Kraft. Das Gesetz musste angepasst werden, um den Anforderungen der EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen gerecht zu werden. In der bisherigen Fassung waren die Vorschriften nicht sehr praxisrelevant. Die Änderungen fordern die Arbeitgeber jetzt allerdings zum Handeln auf.
1. Die bisherige Rechtslage
Bisher verpflichtete das Nachweisgesetz den Arbeitgeber, seinen Mitarbeitern innerhalb eines Monats nach Beginn des Arbeitsverhältnisses einen schriftlichen Nachweis über die wichtigsten Vertragsbedingungen auszuhändigen.
Wesentliche Punkte waren solche, die gewöhnlicherweise auch Gegenstand des Arbeitsvertrags sind: Vertragsparteien, Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort und -zeit, Tätigkeit, Vergütung sowie Urlaubsdauer und Kündigungsfristen.
Dementsprechend erfüllten die meisten Arbeitgeber die Pflichten des Nachweisgesetzes, indem sie schlicht den Arbeitsvertrag aushändigten
2. Was ändert sich durch das neue Gesetz?
Das neue Nachweisgesetz erweitert und ergänzt den Katalog der mitzuteilenden Vertragsbedingungen. Unter anderen kommen nun folgende Punkte hinzu:
Darüber hinaus wird die Unterrichtungspflicht auch um Ausführungen zur Altersvorsorge, zu Fortbildungen, Überstunden und Auslandstätigkeiten erweitert.
Auch neu sind Informationspflichten zum Kündigungsschutzverfahren. Sie umfassen neben dem einzuhaltenden Verfahren auch die Kündigungsfristen und die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage. Zudem hat mindestens ein Hinweis auf das Schriftformerfordernis zu erfolgen. Gerade hier ist auf präzise Formulierungen zu achten.
Formal ist wichtig, dass die strenge Schriftform gilt. Nötig ist also zumindest eine Unterschrift des Arbeitgebers. Der Nachweis darf in Deutschland auch nicht in elektronischer Form erbracht werden, obwohl die europäische Richtlinie dies ausdrücklich zuließe. Das führt faktisch dazu, dass Arbeitsverträge nur noch schriftlich abgeschlossen werden.
Außerdem verkürzt sich die bisher einmonatige Frist für die Vorlage der Informationen für wesentliche Inhalte des Vertrages deutlich. Bei neuen Arbeitsverträgen muss das Unternehmen spätestens am ersten Arbeitstag über Namen und Anschrift der Vertragsparteien, die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts, die vereinbarte Arbeitszeit und die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, den Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen informieren. Innerhalb von sieben Tagen müssen weitere Informationen über den Beginn des Arbeitsverhältnisses, ggf. zur Befristung, zur Dauer einer eventuell vereinbarten Probezeit, zum Arbeitsort, zur Tätigkeitsbeschreibung und zur Möglichkeit der Anordnung von Überstunden erteilt werden. Die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 Satz 2 Nachweisgesetz muss spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt werden. Dazu zählen beispielsweise die Dauer des Urlaubs, das Verfahren bezüglich des Ausspruchs der Kündigung und die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage sowie eine Information zu den gegebenenfalls geltenden Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen.
3. Handlungsbedarf der Arbeitgeber – Was sollten Arbeitgeber jetzt tun?
Die Änderungen werden sowohl für neue als auch schon bestehende Arbeitsverhältnisse relevant.
Musterarbeitsverträge können an die Anforderungen angepasst werden, indem sie durch die weiteren erforderlichen Informationen ergänzt werden.
Altverträge, die vor dem 1. August 2022 geschlossen wurden, sollen zwar nicht nachträglich angepasst werden, jedoch müssen die Arbeitgeber auf Verlangen innerhalb von sieben Tagen die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich übergeben. Wegen dieser kurzen Frist empfiehlt es sich, für einen solchen Fall eine entsprechende Vorlage vorzubereiten, die den Anforderungen des neuen Nachweisgesetzes genügt.
4. Welche Rechtsfolgen hat ein Verstoß?
Bisher konnten die Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber lediglich dazu auffordern, die versäumte Nachweispflicht nachzuholen. Jetzt stellt ein Verstoß eine Ordnungswidrigkeit dar. Dem Arbeitgeber droht ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro pro Verstoß. Die Wirksamkeit des Arbeitsverhältnisses bleibt davon aber weiterhin unberührt.
Volle Kanne Talk mit Jens Niehl vom 30.09.2022
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Eine Kündigung wegen Krankheit ist möglich. Die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung sind allerdings sehr hoch. Für den Arbeitgeber ist es verpflichtend, im Vorhinein Alternativen zur Entlassung auszuloten. Das Arbeitsverhältnis soll nur gekündigt werden können, wenn keine zumutbare Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden ist. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun allerdings entschieden, dass ggf. ein weiteres betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten werden muss (BAG, Urteil vom 18.11.2021 – 2 AZR 138/21). Dies ist der Fall, wenn der Mitarbeiter nach dem letzten Angebot erneut mehr als sechs Wochen krankheitsbedingt gefehlt hat.
Allgemein zum betrieblichen Eingliederungsmanagement
Möchte der Arbeitgeber wegen häufiger oder langer Krankheit kündigen, muss er hohen Anforderungen genügen. Wichtig ist vor allem, dass er ein sog. betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) anbietet. Dies ist notwendig, sobald der Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen (am Stück oder immer wieder) arbeitsunfähig ausgefallen ist.
Im Rahmen des bEM besprechen die Beteiligten, wie der Mitarbeiter leidensgerecht weiterbeschäftigt werden kann, um Fehlzeiten zu reduzieren oder zu vermeiden. In Betracht kommen je nach Erkrankung z.B. die Reduzierung der Arbeitszeit oder eine Versetzung.
Bietet der Arbeitgeber das bEM nicht an, ist eine spätere Kündigung zwar nicht per se rechtswidrig. Der Arbeitgeber hat dann allerdings vor Gericht zu beweisen, dass ein bEM keinerlei Möglichkeiten ergeben hätte, den Mitarbeiter sinnvoll und leidensgerecht weiterzubeschäftigen. Die Hürde liegt sehr hoch. Vor diesem Hintergrund ist oft die Rede davon, dass das bEM faktisch eine nahezu zwingende Voraussetzung der krankheitsbedingten Kündigung ist.
Mitarbeiter erkrankt nach bEM erneut
Der Kläger ging gegen seine Kündigung vor, die ihm wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten ausgesprochen wurde. In den Jahren 2017 bis 2019 fehlte er an insgesamt 204 Arbeitstagen. Am 5. März 2019 initiierte der Arbeitgeber ein Gespräch mit ihm, um Möglichkeiten zu finden, ihn wieder in den Betrieb zu integrieren (bEM). Auch im Anschluss war der Mitarbeiter allerdings erneut an 79 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber. Zwischen dem bEM-Gespräch und der Kündigung lag nicht einmal ein Jahr.
Der Kläger hielt die Kündigung für unwirksam. Er argumentierte, der Arbeitgeber hätte ein weiteres bEM durchführen müssen. Das erste reiche wegen der neuerlichen Fehlzeiten im Anschluss nicht mehr aus.
Bundesarbeitsgericht: zweites bEM war notwendig
Das BAG gab dem Kläger recht. In der Tat sei ein weiteres bEM anzubieten, wenn seit dem letzten bEM erneut mehr als sechs Wochen Fehlzeit angefallen sei. Das gelte auch dann, wenn seit dem letzten bEM noch kein Jahr vergangen sei.
Dafür spreche schon der Wortlaut des relevanten § 167 Abs. 2 S. 1 SGB IX. Der Satz „Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig“ bestimme sprachlich keinen Mindestabstand zwischen zwei bEM-Gesprächen.
Auch der Zweck des Gesetzes spreche für ein weiteres bEM. Die Schwelle von sechs Wochen Fehlzeit sei gewählt worden, weil ab diesem Zeitraum eine krankheitsbedingte Kündigung oft gerechtfertigt sei. Um einer Entlassung vorzubeugen, sei aber möglichst zeitnah nach Integrationsmöglichkeiten zu suchen. Damit bis zum Ablauf eines Jahres abzuwarten, ergebe keinen Sinn.
Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass ein erneutes bEM schon deshalb kein positives Ergebnis erbracht hätte, weil bereits das zuvor durchgeführte kein solches ergeben habe.
Die Beklagte habe auch nicht hinreichend dargelegt, dass die Durchführung eines (weiteren) bEM keine positiven Ergebnisse hätte zeigen können. Für die objektive Nutzlosigkeit trage der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Dazu müsse er umfassend und konkret vortragen, weshalb weder der weitere Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung und Veränderung möglich war und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können.
Wann ist das bEM abgeschlossen?
Die Entscheidung des BAG führt zu einer wichtigen Folgefrage: Ab wann ist ein bEM abgeschlossen? Der Zeitpunkt ist wichtig, weil Arbeitgeber anschließende Fehlzeiten ggf. zu einem erneuten bEM verpflichten. Die Richter des BAG geben folgende Hinweise:
Fazit
Die Hürden für eine krankheitsbedingte Kündigung liegen unverändert hoch. Selbst wenn der Arbeitgeber bereits ein bEM angeboten hat, muss er ggf. erneut dieselbe Initiative ergreifen. Arbeitgebern ist daher zu raten, nach einem unergiebigen bEM rasch die Kündigung auszusprechen. Für Arbeitnehmer gilt einmal mehr: Selbst augenscheinlich gut vorbereitete Kündigungen sind oft angreifbar.
Entlässt der Arbeitgeber zahlreiche Mitarbeiter auf einen Schlag, muss er zuvor die Arbeitsagentur informieren. Das Gesetz sieht bestimmte Angaben vor, die in dieser Massenentlassungsanzeige genannt werden müssen. Andere Angaben „sollen“ bloß enthalten sein.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass diese „Soll-Angaben“ nicht zwingend notwendig sind. Lässt der Arbeitgeber sie aus, werden die Kündigungen deshalb nicht unwirksam. Die Vorinstanz hatte das noch anders gesehen.
Darum ging es in dem Fall
Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die im Zuge eines Stellenabbaus betriebsbedingt entlassen wurde. Das Unternehmen hatte 2019 innerhalb eines Monats insgesamt 17 Arbeitsverhältnisse gekündigt. Mit dieser Anzahl überschritt es die Schwelle des § 17 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
Liegt zahlenmäßig eine Massenentlassung vor, hat das betroffene Unternehmen die Arbeitsagentur über die bevorstehenden Kündigungen zu informieren. Dies muss vor Ausspruch der Entlassungen geschehen. Bleibt die Massenentlassungsanzeige aus oder ist sie fehlerhaft, sind sämtliche Kündigungen unwirksam.
Darauf hatte sich auch die Klägerin berufen und geltend gemacht, dass die Massenentlassungsanzeige fehlerhaft sei. Schließlich fehle die Angabe des
Zwar formuliere das Gesetz, dass diese Angaben nur gemacht werden „sollen“ – und nicht „müssen“. Allerdings folge aus dem Europarecht, dass sämtliche Angaben verpflichtend seien. Auch das deutsche Recht müsse sich an dem höherrangigen Europarecht orientieren.
Das zuständige Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der Arbeitnehmerin bereits recht. Pikant daran: Selbst die Arbeitsagentur ging bisher davon aus, dass die genannten Angaben nicht verpflichtend seien. Dementsprechend beanstandete die zuständige Behörde die Massenentlassungsanzeige auch in diesem Fall konsequenter Weise nicht.
So entschied das Bundesarbeitsgericht
Das Bundesarbeitsgericht folgte den beiden Vorinstanzen nicht. Die Begründung der Entscheidung liegt zwar noch nicht vor. Die tragenden Gründe der Argumentation lassen sich aber bereits der Pressemitteilung entnehmen.
Darin heißt es, dass der Wille des Gesetzgebers eindeutig sei. Die Richter entnehmen diese Auffassung wohl dem Wortlaut, der mit dem Begriff „sollen“ in der Tat gegen einen zwingenden Charakter spricht. Auch sei dem Europarecht keine andere Wertung zu entnehmen. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe bereits geklärt, dass die einschlägige Richtlinie die Angabe des Alters etc. nicht zwingend voraussetze.
Fazit
Die Überraschung war groß, als die ersten beiden Instanzen die „Soll“-Angaben für zwingend erklärt hatten. Wie es aussieht, begräbt das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsauffassung für die Praxis aber gleich wieder. Ob tatsächlich alles beim Alten bleibt – die Massenentlassungsanzeige also auch ohne Soll-Angaben wirksam ist – hängt von der Entscheidungsbegründung ab. Diese ist in einigen Wochen zu erwarten.
Übrigens: Zuletzt scheiterten zahlreiche Kündigungen der Fluggesellschaft AirBerlin, weil die Arbeitgeberin die Massenentlassungsanzeige an eine unzuständige Arbeitsagentur geschickt hatte. Der Fall zeigt, wie sorgfältig Arbeitgeber hier vorgehen sollten und welche Verteidigungschancen sich Arbeitnehmern bieten.
Zum Hintergrund: Welche Besonderheiten gelten bei Massenentlassungen?
Von Massenentlassungen ist die Rede, wenn innerhalb von 30 Tagen so viele Stellen abgebaut werden, dass die relevante Schwelle in § 17 Abs. 1 KSchG überschritten wird.
Beispiel: In Betrieben mit über 20 und unter 60 Mitarbeitern ist die Schwelle bei fünf Entlassungen überschritten.
Vorsicht: Als Entlassung in diesem Sinne werden ggf. auch Aufhebungsverträge verstanden, die der Arbeitgeber initiiert.
Natürlich gilt auch im Rahmen von Massenentlassungen der gewöhnliche Kündigungsschutz. Arbeitgeber haben aber zusätzlich insbesondere diesen Anforderungen gerecht zu werden:
Immer wieder führen politische Auseinandersetzungen zu Problemen im Arbeitsverhältnis. Jüngster Fall: Ein Barkeeper in einem Luxusrestaurant in Baden-Baden hatte sich in einem Instagram-Video über die russische Invasion in die Ukraine und pauschal über Russen geäußert – und dafür eine Kündigung kassiert.
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