Zwei ungeimpfte Pfleger wurden von der Arbeit im Seniorenheim freigestellt und klagten dagegen. Nun hat das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 11.08.2022 – 5 SaGa 728/22) bestätigt, dass die Freistellung rechtmäßig war. Danach müssen Seniorenheime ihr Pflegepersonal, das nicht gegen Corona geimpft ist, nicht weiter beschäftigen.
Zum Hintergrund: Impfpflicht für Beschäftigte im Pflege- und Gesundheitsbereich
Seit dem 15. März 2022 gilt im Pflege- und Gesundheitsbereich eine einrichtungsbezogene Impfpflicht nach § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG), wonach Beschäftigte über einen Impfnachweis gegen das SARS-CoV-2-Virus oder einen aktuellen Genesenennachweis verfügen müssen. Seitdem dürfen Pflegekräfte, die keinen entsprechenden Nachweis vorzeigen können, nicht mehr neu eingestellt werden.
Dieses unmittelbare Beschäftigungsverbot gilt jedoch nicht gleichermaßen für bereits zuvor beschäftigte Personen. Konnten diese bis zum 15. März 2022 keinen Impf- oder Genesenennachweis vorweisen, hatte die Einrichtungsleitung den Fall zunächst dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, welches dann ein Beschäftigungsverbot aussprechen konnte.
Heimleitung stellt ungeimpfte Pfleger frei
In diesem Fall hatte die Betriebsleiterin eines Seniorenheims zwei ungeimpfte Pfleger ohne behördliches Beschäftigungsverbot ab dem 16. März 2022 von der Arbeit freigestellt. Auch die Bezahlung stellte sie ein.
Das Seniorenheim stützte sich auf die Regelungen in § 20a IfSG. Hiergegen hatten die Pfleger im Eilverfahren vor dem Arbeitsgericht Gießen geklagt. Sie verlangten zunächst weiter beschäftigt zu werden. Das Gericht wies die Klagen mit Urteilen vom 12. April 2022 ab.
Hinweis: Das Arbeitsverhältnis bestand – soweit ersichtlich – formal weiter. Zu einer Kündigung kam es nicht.
Ungeimpfte Pfleger haben keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung
Auch in der nächsten Instanz hatten die Pfleger keinen Erfolg.
Das LAG bestätigte, dass die Freistellung gerechtfertigt sei und die Pfleger keinen Anspruch darauf hätten, weiter im Seniorenheim beschäftigt zu werden. Obwohl § 20a IfSG für bestehende Arbeitsverhältnisse kein unmittelbares Beschäftigungsverbot vorsehe, wirke der Impfnachweis wie eine berufliche Tätigkeitsvoraussetzung. Folglich habe die Heimleitung nach Abwägung der Interessen die beiden Arbeitnehmer freistellen dürfen: Für die Mitarbeiter spreche zwar das Interesse, arbeiten gehen zu dürfen. Der Arbeitgeber könne seine Mitarbeiter nicht einfach ausschließen. Allerdings überwiege das Interesse der besonders gefährdeten Bewohner des Seniorenheims, vor einer Infektion geschützt zu werden.
Mit dem Urteil sind beide Eilverfahren rechtskräftig beendet. Die Hauptverfahren wurden noch nicht entschieden.
Ausblick: Lohnfortzahlung während der Freistellung?
Die für beide Parteien interessante Frage, ob das Arbeitsentgelt für die Dauer der Freistellung fortzuzahlen ist, war hier nicht zu entscheiden. Da das Gericht die Impfung als eine berufliche Tätigkeitsvoraussetzung versteht, könnte zumindest bei impfunwilligen Mitarbeitern angenommen werden, dass sie ihre Arbeitsleistung nicht wie geschuldet erbringen. Dann würde ihr Anspruch auf Bezahlung bei einer Freistellung nicht fortbestehen.
Eine abschließende Bewertung der Entscheidung ist erst möglich, wenn die Begründung veröffentlicht und das Verfahren in der Hauptsache abgeschlossen ist.